CHEKARO: DEN GÖTTERN AUF DER SPUR

VORBEMERKUNG: Bei dem folgenden Text handelt es sich um eine von mir unter dem Anagramm Martin Weisesath verfasste Reinkarnationsgeschichte aus dem Buch „Das Vermächtnis – Dokumentation einer Erkenntnisreise“.1

Zum besseren Verständnis des Ganzen sei hier das Vorwort aus dem veröffentlichten Buch zitiert:

Ein Sohn stirbt bereits vor seinem 37. Geburtstag. Eine Mutter macht sich auf die Suche nach den Hintergründen. Ein multidimensionaler Bewusstseinsforscher und Astrologe unterstützt sie dabei, liefert wesentliche Impulse, Eckdaten und Erkenntnisrahmen und betreut das entstehende Forschungs- und Schreibprojekt über die Jahre hinweg.

14 Monate nach dem Tod des Sohnes erhalten die Mutter und der Bewusstseinsforscher, unabhängig voneinander, am gleichen Tag die Botschaft, dass eine Wiedergeburt in Peru erfolgt sei. Diese bemerkenswerte Synchronizität führt zu dem Beschluss, die reinkarnatorischen Hintergründe zu erforschen, und sie beginnen, das Ganze “Das Projekt” zu nennen, eine Bezeichnung, die sie über all die Jahre beibehalten.

Auf der Grundlage der Geburtshoroskope des Verstorbenen und der Mutter werden durch das weiträumig-präzise Gewebe astrologischer Rhythmen und durch astrogeographische Verfahren Eckdaten ermittelt, die durch verschiedene intuitiv-mediale Vorgehensweisen – unter anderem durch Pendeln mittels spezifischer Pendeltafeln – überprüft und verfeinert werden.
Diese Daten der Inkarnationen des Sohnes und der Mutter (teilweise auch anderer Familienangehöriger) und ihre Energiesignaturen über Jahrhunderte bzw. Jahrtausende hinweg werden in übersichtliche Tabellen eingetragen.
In weiterer “Detektivarbeit” werden wesentliche Gegebenheiten
und Ereignisse der jeweiligen Leben, speziell der Leben der letzten
750 Jahre, konkretisiert und ergänzt.

Schließlich werden die einzelnen Lebens-Geschichten und ihr Gesamtzusammenhang in eine literarische Form gekleidet.
Das Unterfangen entwickelt seine Eigendynamik, expandiert, gewinnt an
Komplexität und Hintergründigkeit, und so werden die ermittelten Daten nach und nach in ein umfassendes Modell spiritueller Seelenentwicklung und -organisation sowie energetischer Prägungsmerkmale integriert und kulminieren schließlich in dem großen Erkenntniszusammenhang eines Seelenforschungs-Projekts, wodurch “Das Projekt” eine neue Dimension erhält.

Das von einer Rahmenerzählung begleitete Kaleidoskop von Lebens-Geschichten dokumentiert im Kern die Geschichte zweier verwandter Seelen über Jahrhunderte, ja Jahrtausende hinweg – genauer gesagt vom
fünften Jahrtausend vor unserer Zeit bis in die heutige Zeit -, ganz im
Sinne der Mahnung des Verstorbenen “Schreib es auf, damit wir es nicht
vergessen!”.

Die schillernden Begriffe Seele, Seelenalter und Seelenorganisation, definiert durch ein sinnvolles Modell 10.000-jähriger spiritueller Entwicklung, dienen als Dreh-und Angelpunkt des vielfältigen Geschehens.
Es entsteht ein Spiegel von Etappen der Menschheitsgeschichte, ein Puzzle von Fragen und Antworten, das Spannungsfeld von Sein und Evolution, das Spiel der Archetypen, das Spiel von Raum und Zeit und Erkenntnis kommen zum Ausdruck.

Es offenbart sich, dass die vielen Leben der Seelen-Verkörperungen dazu
beitragen, Licht auf ein bestimmtes Forschungsfeld zu werfen. Die verkörperten Seelen “leben” praktisch die Erforschung des Einflusses von Handels-, Geschäfts- und Besitz- bzw. Finanzhierarchien auf Empfinden, Gefühlsleben, Wahrnehmungs- und Unterscheidungs-vermögen sowie Erkenntnisfähigkeit ihres Menschseins.

Sie erfahren als freiwillig oder eher unfreiwillig Forschende den Einfluss
der hierarchischen Verhältnisse und der damit verbundenen Existenzbe
dingungen auf ihren Enthusiasmus, ihren Idealismus, ihre Hingabefähigkeit und ihre spirituelle Entwicklung, auf die Entfaltung ihrer Individualität und ihrer Kreativität, ja auch auf ihre Energiezustände und damit ihre Gesundheit.

Doch wir, die jetzt Lebenden, sind dazu aufgerufen, aus diesem Seelenforschungsprojekt, aus diesen Lebens-Geschichten der Vergangenheit, unsere Schlüsse zu ziehen für unsere Gegenwart und unsere Zukunft und die Zukunft der Menschheit, worauf im Nachwort mit dem Ausblick “Menschheit 2.500“ noch einmal nachdrücklich eingegangen wird.

Der folgende Text ist die Geschichte einer Inkarnation des Sohns als Indianer im Südamerika des 8. Jahrhunderts v.Chr.:

CHEKARO: DEN GÖTTERN AUF DER SPUR

1

Chekaro wachte schweißgebadet auf, erhob sich von seinem Fellager, das sie in der Höhe, aber im respektvollem Abstand zum Gletscher aufgestellt hatten. Er rieb sich die Augen und sah, dass er allein war. Seine Gefährten waren wie vereinbart zur Jagd aufgebrochen und er blieb hier, um das Geheimnis zu beobachten, falls es sich zeigen sollte, die Zeichen der Götter, die sich vor drei Jahrzehnten angekündigt hatten, aber bisher nicht aufgetaucht waren.
Bisher hatte keiner der Stammesmitglieder sie wahrgenommen, auch nicht der Schamane, der bei seiner letzten Erkundung in der Nähe des Gletschers spurlos verschwunden war und der ihn immer gelehrt hatte, dass das wahre Geheimnis in den Menschen und nicht im Gletscher, der Gletscherspalte, dem Berggrat, dem Himmel oder den Tiefen der Erde war. Doch die vielen Glaubensvorstellungen, die durch den Stamm und die Nachbarstämme geisterten, verwirrten ihn doch sehr.

Irgendwie war alles ganz einfach: es gab, wie der Schamane ihm erklärt hatte, eine ursprüngliche direkte Wissensfähigkeit, die wahre Natur, in ihm, aber die Reptilien hatten ihr Erkennen blockiert und alles verkompliziert, sodass Äonen an Wanderungen durch die Gefilde der Zeit notwendig waren, um das vollständig zu erkennen, was zu jeder Zeit immer in jedem Menschen da war.
Die Reptilien? Die mächtigen Götter, die von vielen Stämmen in dieser Zeit in diesem Land verehrt und gefürchtet wurden, die mit ihren Lichtpferden vom Himmel herab kamen und ihre ungeheuren Kräfte demonstrierten, gegen die alle gewöhnliche Sterblichen machtlos waren und denen sich zu widersetzen sinnlos war.

Er verstand das alles nicht: Warum hatte der Schamane gesagt, dass die wahre Macht in den Menschen ruhte, aber nicht erkannt würde, wenn doch die Götter ihre wahre Macht zur Schau stellten und das Schicksal der Menschen von ihnen abhing? Alle die mit ihnen in Berührung kamen, würden von ihnen in Gefangenschaft gehalten, bis auf einige wenige, die das ganze Spiel, nicht nur das der Reptilien durchschauten, hatte der Schamane betont, der dabei selbst wie ein mächtiger Gott aussah, um im nächsten Moment grimmigen Blickes abgrundtiefe Töne murmelte, um irgendwelche Geister im Zaum zu halten, die sich in der Nähe herumtrieben.

Chekaro verwirrte das alles, er registrierte was der Schamane ihm sagte, aber er glaubte es nicht wirklich, vor allem glaubte er nicht, dass er jemals wirklich frei sein konnte, er war hier in dieser Gestalt auf dieser Erde, es gab Mächtige und weniger Mächtige, und das Schicksal der weniger Mächtigen war, den Mächtigen zu dienen und mit ihnen irgendwie zurecht zu kommen, ob sie es wollten oder nicht.
Der Schamane war irgendwie nicht greifbar, woher sollte er Chekaro, ein einfacher, aber machtvoller Krieger dieses Stammes wissen, was wahr war und was nicht? Die Götter waren mächtiger als er, tausendfach mächtiger, das wußte er, aber auch der Schamane war mächtig, mächtiger als die mächtigsten Krieger des Stammes, er besaß unsichtbare Kräfte, tauchte plötzlich lautlos auf wie eine Schlange und verschwand spurlos, keiner wußte wohin.

Es war besser, mit ihm gut zu stehen, als sich mit ihm anzulegen und plötzlich zu sterben oder zu verschwinden. Und woher sollte er, Chekaro, wissen, ob der Schamane nicht mit den Reptiliengöttern und ihren himmlischen Gefährten unter einer Decke steckte, auch wenn er sie als Sklavenhalter bezeichnete.
Vielleicht hatte er seine magische Macht gar von ihnen und betrieb ihre Geschäfte, wenn sie nicht anwesend waren? Wenn es doch so einfach wäre, er brauchte Klarheit, aber er hatte diese Träume, in denen der im Wachleben unnahbar erscheinende Schamane sein Freund war, ein weiser Freund, der das Licht der Klarheit in sich entdeckte hatte und der andere dabei unterstützte, dieses Licht auch in sich selbst zu entdecken.

Chekaro fühlte sich immer wieder aufs neue verwirrt, wenn er über diese Dinge nachdachte, und er hatte schon lange beschlossen, sich damit nicht mehr zu beschäftigen, es war als wenn es ihn zweiteilte, doch es war etwas in ihm, das wußte, dass da etwas war, das wußte, und wenn er wie ein echter Krieger sich diesem Schmerz stellte, dann schien es ihm, als habe der Schamane recht, auch wenn es um so schmerzhafter war, an den mächtigen Herren des Schicksals zu zweifeln und einer unfassbaren, oft zwielichtig erscheinenden Figur zu glauben.

Es gab nur einen Weg, den Schmerz endgültig zu besiegen, er musste es selbst herausfinden, was es mit den mächtigen Reptiliengöttern und dem mysteriösen Schamanen auf sich hatte …

Ein greller Lichtblitz und ein überirdisches Donnern unterbrach Chekaros Gedankengänge, eine machtvolle Druckwelle warf ihn zu Boden, sein Augenlicht war versiegt, der mächtige Krieger lag blind auf der Erde, wie ein hilfloser auf dem Rücken liegender Käfer, ein weiterer Donner mit anschließender Druckwelle fegte das Nachtlager hinweg und den gestählten Körper des mächtigen Kriegers wie Laub über die Erde, und sein Bewusstsein entschwand in die Tiefe einer rabenschwarzen Nacht.

2

Als Chekaro erwachte, sah er nichts als eine dunkle Leere, aber er spürte die liebevolle Anwesenheit von Chekana, seiner Kriegerin, die seinen schmerzenden Körper in eine Kräuterdecke gewickelt hatte und einen leisen Singsang intonierte, den sie vom Schamanen gelernt hatte. Chekaro seufzte und schrie dann plötzlich:” Ich bin geblendet, die Götter haben mich gestraft, wir müssen ihnen ein Opfer bringen, damit sie …”, brach aber ab weil er das pulsierende metallähnliche Teil, das er mit seiner Hand umklammerte, spürte.

“Lass es los, du bist in Sicherheit, leg es zur Seite, vielleicht bringt es Unglück, wir sollten es in den Abgrund werfen.” Chekaro spürte einen mächtigen Energiestrom seinen Rücken hinauf und an der Brust hinunterfließen: “Nein, ich will es sehen und ich will es wissen. Ich weiß, dass ich wieder sehen werde, der Schamane hat es mir gesagt.”
“Der Schamane ist verschwunden, vielleicht ist er in die Gletscherspalte gefallen oder in den Himmel geflogen, bei ihm weiß man es nie so genau,” sagte Chekana und versuchte, ihm das Metallstück aus der Hand zu nehmen.

“Nein. Er war eben in meinem Geist, und er hat mir gesagt, dass die Reptiliengötter vom Himmel gestürzt und auf der Erde zerschellt sind, wie er es vor 7 Monden geschaut habe, und dass sie für immer von der Erde verschwinden, wenn die Zeit reif ist, aber ihr schreckliches Sklavenhalter-Erbe hinterlassen werden, die Dunkelheit des Herzens, die zu erhellen es vieler Jahrtausende bedarf oder eines einzigen GANZEN Augenblicks …”

“Was kümmert mich das wirre Gerede des Alten, ich lege mich mit vom Himmel kommenden Gestalten nicht an, auch nicht in tausend Jahren, und du solltest es auch nicht tun, du hast doch selbst eben noch gesagt, dass sie dich bestraft haben und wir ein Opfer bringen müssen. Ich werde deine Augen mit Kräutern behandeln und für die nächste Mahlzeit sorgen. Und wenn es an der Zeit ist, wirst du auf deinen Posten zurückkehren, um die Zeichen der Götter zu empfangen, die uns leiten werden.”

“Nein, warte. Ich habe meinen Sinn geändert, ich weiß, sie verdunkeln das wahre Herz. Der Schamane hat recht, sie verbreiten Dunkelheit, Knechtschaft und Leiden. Ich werde mich von ihnen befreien, und wenn es Tausende von Jahren dauern sollte.” Trotzig versuchte Chekaro aufzustehen, doch ließ er sich ob der ungewohnten Sehunfähigkeit und des wunden Körpers taumelnd auf das Lager zurückfallen.

“Sie werden Chekaro nicht weiter blenden mit ihren Tricks und dunklen Machenschaften, der Schamane hat recht, und er weiß Dinge, die nicht einmal sie wissen.” “Aber er ist sterblich,” wandte Chekana ein. “Ja, glaubst du denn sie sind nicht sterblich?” rief Chekaro aus und wunderte sich über seine Gewissheit. ”Ich werde losziehen, sobald ich wieder sehen kann, und ich werde ihre zerschmetterten Körper finden!”

“Nein, tu es nicht, es bringt Unglück,” flehte ihn Chekana an, doch sie wußte, dass sie ihn nicht von seinem Entschluss abhalten konnte und sie bald Witwe sein würde. Tränen brachen aus ihr hervor und schluchzend fiel sie auf das Lager.
Chekaro zog sie zu sich heran, küsste sie auf die Stirn, strich mit einer Hand über ihr Herz: “Ruhig meine Liebe, wir werden sie besiegen und für immer von der Erde vertreiben.”

3                   

Chekaro blickte in den sternenklaren Himmel, aus dem jederzeit erneut die Götter hervorstürzen konnten, aber er war hier in der verbotenen Zone, um die zerschmetterten Körper ihres letzten Absturzes zu finden. Ein unangenehmes Gefühl kroch von seiner Nabelgegend in Richtung Brustmitte.

Chekaro erinnerte sich an eine Anweisung des Schamanen, goldenen Sonnenschein einzuatmen und graue Wolken auszuatmen und dabei in die schmerzenden oder unangenehm sich anfühlenden Körperregionen zu lächeln. Ja, das war gut, auch wenn es die sich seit dem gestrigen Tag in seinem Geist ausbreitende Verwirrung nicht völlig auflösen konnte.
“Hoffentlich vergesse ich das nicht,” immer wieder kreiste dieser Satz in ihm, den er zu Chekana gesagt hatte, bevor er zu seiner selbstgewählten Mission aufbrach, ein Satz, der in den verschiedenen Verkörperungen seiner Seele im Laufe der Jahrtausende noch öfter auftauchen sollte.

Alles Wichtige konnte in Vergessenheit geraten, wenn Geist und Körper verwirrt waren, ja, die Reptiliengötter hatten ganze Arbeit geleistet, als sie ihr Gift der Unbewusstheit in Körper und Geist der einheimischen Stämme und Völker verankerten. Chekaro versuchte die Worte des Schamanen zu erinnern, der ihm Anweisungen gegeben hatte, die ihn an sein ureigenes angeborenes Wissen erinnern sollten.
Ja, er hatte gesagt, dass er einen weiten reinen blauen Himmel schauen sollte und diese Weite die Verwirrung und Unwissenheit durchdringen zu lassen, so wie die aufgehende Sonne nach und nach die Dunkelheit völlig durchdringt und beseitigt.

Und genau das tat Chekaro jetzt, und er spürte, wie ein Gefühl der Ruhe, der Gelassenheit und Souveränität ihn durchströmte, genau das, was er brauchte, um diese gefährliche Mission in der verbotenen Zone zu meistern. Er war hier, um zu finden, was seine kühne Idee belegte, dass die vom Himmel kommenden Reptiliengötter sterblich waren, und er war hier, sich immer wieder – und sei es auch nur für den Bruchteil eines Augenblicks – des wahren Göttlichen in sich selbst bewusst zu sein, der wahren Natur seines Geistes, die unsterblich war und in jeder Gestalt erscheinen konnte.

Er fühlte, dass es das war, worum es wirklich ging und worauf es wirklich ankam, aber es war in diesen vielgestaltigen inneren und äußeren Welten so leicht zu übersehen und zu vergessen. Auch konnte er es meist nicht richtig begreifen, es verwirrte und ängstigte ihn sogar, denn es widersprach einfach so vielem, was die meisten erzählten und glaubten, aber da war immer wieder einmal dieses wissende Gefühl, und wenn er ihm folgte, dann wußte er, dass alles in perfekter Ordnung war, selbst wenn die Götter vom Himmel fielen.

Aber schon sprangen die Dämonen der Unwissenheit durch seinen Geist und verwirrten Körper und Seele. Er seufzte und versuchte sich auf das Naheliegende zu konzentrieren, das Nachtlager zu befestigen und einen Plan zu machen, wie er am besten und schnellsten das finden konnte, was er suchte.
Er blickte auf den schimmernden schwarzmetallischen Gegenstand, den er aus seiner Ledertasche gefischt hatte. Danach mußte er schauen und nach Leichenteilen, wobei diese schon längst von Aasvögeln bearbeitet waren, denn es war bereits mehr als ein Halbmond vergangen, seitdem er hier oben durch die herabstürzenden Götter geblendet und verletzt worden war.

Er wußte, dass der Schamane in der Nähe war, aber in einer anderen Welt, er mußte sich auf sich selbst verlassen, doch vertraute er auch darauf, dass der Schamane ihm Hilfe senden konnte, wenn es wirklich nötig war.

“Du wirst etwas finden, nicht nur direkt in Form von Spuren und Gegenständen, sondern in Form von Erkenntnissen, die das Erkennen des angeborenen Wissens erleichtern. Du wirst es an eine kleine Anzahl von Stammesmitgliedern, die dafür bereit sind, weitergeben, aber du hast nicht viel Zeit! Zaudere nicht, tue was du tun mußt! Kehre mit den Beweisen zurück, aber zeige sie nur denen, von denen du fühlst, dass sie bereit sind, sonst werden sie dich töten, bevor du stirbst …”, flüsterte die Stimme des Schamanen in seinem Geist.
Chekaro erschauerte, aber die Begeisterung und Inspiration für seine Mission waren stärker. Entschlossen seine Mission erfolgreich durchzuführen, legte er sich auf sein Lager und schlief alsbald ein.

Riesige Fledermäuse, gehörnte halbmenschliche halbtierische Gestalten, bedrohlich schillernde Schlangen- und Kaimankörper, aber auch maskenhafte menschliche Fratzen durchzogen Chekaros träumendes Bewusstsein, bis ein heller Lichtblitz alles verschwinden ließ und nur eine große weiße transparente Leere übrig blieb, die in sich selbst ruhte, doch Chekaro war bereits aufgesprungen und blickte, sich die Augen reibend, auf den im Zwielicht der Morgendämmerung liegenden Gletscher.

Er hatte geträumt, ja, aber war das hier nicht einfach eine andere Art von Traum, ein äußerer Traum mit äußeren Bildern? Er mußte die Wahrheit finden, und wenn es Tausende von Jahren und vieler Geburten bedurfte: Hoffentlich vergesse ich das nicht, sagte er und legte sich wieder hin, um ausgeschlafen sein großes Tagwerk beginnen zu können.

4

Chekaro schrak auf, als er Stimmen hörte – wer war hier oben in der verbotenen Zone? Wächter des Stammes, die ihn aufgespürt hatten? Dann würde er sie töten müssen! Oder waren es Gefährten, die ihm der Schamane gesandt hatte? Er sprang auf, nahm seinen Jagddolch in die eine und seine Streitaxt in die andere Hand und lugte vorsichtig aus seinem Nachtlager.
Noch war es dämmrig, er fühlte wie seine wieder genesenen Augen sich auf die Lichtverhältnisse einstellten und machte in etwa 15 Körperlängen Entfernung zwei sich langsam nähernde Gestalten aus – Stammeskrieger: Was wollten sie hier oben, wo hatten sie ihr Lager?

Chekaro rief: “Halt, was wollt ihr in der verbotenen Zone?” “Auch du bist in der verbotenen Zone,” antwortete der eine und “Nur die Wachen der Häuptlinge dürfen die verbotene Zone betreten, um Eindringlinge abzuhalten oder zu entfernen”, sagte der andere.
“Und seitd ihr Häuptlingswachen?” fragte Chekaro in kampfbereitem Ton. “Nein, genausowenig wie du, Bruder, es gibt keine einzelnen Wachen, sie sind immer zu zweit. Wir haben sie überwältigt und in Trance versetzt. Sie wissen nicht mehr, wer sie sind , aber sie werden zurückgehen und sich erst später wieder erinnern, wir haben nicht viel Zeit!”
“Dann sucht ihr die Überreste der herabgestürzten Götter und ihrer Lichtpferde”, rief Chekaro erfreut. “Ja, so ist es”, antworteten die beiden und Chekaro hörte eine Stimme in seinem Geist flüstern “Wo sich drei in meinem Geiste versammeln, werden sie finden, was sie suchen.”

Chekaro umarmte die Herangekommenen mit den Worten “Willkommen Freunde, Brüder im Geiste” und er erkannte sie als Krieger eines verbündeten Nachbarstammes. “Hier ist ein Stück von dem, was wir suchen”, zeigte er den beiden das metallisch schimmernde Teil.
Sie beäugten es und der eine meinte: “Vorsicht, es ist wahrscheinlich verseucht, aber vermutlich ist die gesamte verbotene Zone verseucht und wir werden alle bald sterben. Wichtig ist, dass wir bald finden, was wir suchen, es in unserem Geist behalten und es an jene weitergeben, die bereit sind!”

Chekaro war erstaunt; “Genau das hat der Schamane gesagt.” Die beiden lachten und der eine sagte: “Der Schamane ist überall, auch in uns. Letztendlich werden wir die Verwirrung besiegen, auch wenn es noch vieler Körper-Träume bedarf.” “So ist es!”
Sie bereiteten sich ein Morgenmahl, und beschlossen in Richtung Gletscher zu der Stelle zu gehen, von der Chekaro meinte, dass an dieser vor mehr als einem Halbmond sich sein Lager befunden habe.

Es dauerte nicht lange und sie hatten weitere, auch sehr große Bruchstücke des schwarzen Metalls gefunden, und sie verstauten einig kleinere Stücke in ihren Beuteln, aber noch hatten sie keine Überreste der Reptiliengötter selbst gefunden.
Inzwischen stand die Sonne hoch am Himmel, die Wärme der Gebirgsluft näherte sich ihrem täglichen Höhepunkt. “Zeit für das Mittagsmahl.” Sie aßen schweigend, ruhten eine kurze Zeit und beratschlagten dann das weitere Vorgehen.

“Auch wenn die Aasvögel die Leichen der Reptiliengötter gefressen haben, so müssten wir doch Knochenplatten und andere Überreste finden,” meinte der eine, während der andere ergänzte: “Weiter oben im Schnee können noch erhaltene Teile liegen, aber es ist gefährlich so weit hinauf zu gehen, wir könnten abstürzen oder in eine Spalte fallen.”
“Lasst uns auf eine Eingebung, eine Inspiration des großen Geistes achten”, schlug der erstere vor. “Ja, lassen wir das wahre Wissen entscheiden, wo wir die Götter finden,” stimmte Chekaro begeistert zu. Sie setzten sich schweigend in aufrechter, aber entspannter Haltung auf den Boden und öffneten sich dem, was auch immer kommen sollte.

Plötzlich sahen sie einen riesigen Kondor heranfliegen, der über ihnen kreiste, als wenn er auf etwas warten würde. ”Vielleicht wartet er auf unseren Tod”, brach der eine das Schweigen. “Er sieht wohlgenährt aus, also liegen hier in der Nähe die Überreste der Reptiliengötter.”
Chekaro schwieg, um dann plötzlich aufzuspringen: “Er wird uns zu den Überresten führen, wir dürfen ihn nicht aus den Augen verlieren!” Tatsächlich veränderte der Kondor seine kreisende Bahn und flog tiefer und tiefer in Richtung der Sonne zu einer Stelle etwa 300 Körperlängen von ihnen entfernt, um dann aus ihrem Sichtfeld zu verschwinden.

Sie sprangen auf, um zu der Stelle zu eilen, an der der Kondor anscheinend gelandet war. Wenige Minuten später befanden sie sich an der Schneegrenze und sahen den plötzlich in der Nähe auffliegenden Kondor, der sich schnell nach oben entfernte, um dann wieder über ihnen zu kreisen.
Sie hielten inne, schöpften Atem und sahen sich dann die Umgebung mit scharfen Blicken genau an. Es dauerte nicht lange und sie hatten die in der Gegend herumliegenden Knochenplatten und andere schuppige Teile erspäht und einige davon in ihren Beuteln verstaut. Doch waren sie noch nicht zufrieden, es fehlte noch etwas.

“Da!” rief Chekaro plötzlich aus, und sie sahen den Kondor im Sturzflug vom Himmel kommen und an einer Stelle im Schnee landen, die etwa 100 Körperlängen von ihnen entfernt lag. Sie beobachteten, wie der Kondor schneestiebend an etwas herumhackte, das unter dem Schnee lag. “Auf, lasst uns dahin gehen und eine gut erhaltene Reptiliengottleiche sehen,” forderte Chekaro seine Gefährten auf.

Vorsichtig arbeiteten sie sich durch den anfangs nicht allzu hohen Schnee hindurch, davon ausgehend, dass hier noch keine gefährlichen Spalten darauf lauerten, sie zu verschlingen. Als sie näher kamen, breitete der Kondor plötzlich seine mächtigen Schwingen aus, nickte ihnen scheinbar mit seinem reptilienfleischbehangenen Schnabel zu und erhob sich weit in die Lüfte, bis er zu einem kleinen Punkt wurde.

Einige Körperlängen von der Stelle entfernt wurde der Schnee immer höher, aber sie nahmen all ihre Kraft und Mut zusammen und arbeiteten sich an den Ort heran. Und schließlich war es soweit – ihre den Schnee wegschaufelnden Gliedmaßen stießen auf etwas hartes Schuppiges. “Hier ist es, was wir suchen: der Beweis, dass die Reptiliengötter sterblich sind”, triumphierte Chekaro. “Gemach, gemach”, sagte der eine der beiden Gefährten, “lasst uns erst das ganze freilegen, bevor wir weitergehende Schlüsse ziehen.”

Sie gruben, die Kälte völlig mißachtend mit großer Schnelligkeit den größten Teil des massigen etwa 2 normale Körperlängen umfassenden Körpers frei, und was sie nun sahen ließ ihren Atem stocken: Ein monströses Wesen, eine Mischung aus Kaiman und Mensch, das sie aus seinem menschenähnliche Gesichtszüge tragenden Reptilienkopf grinsend anstarrte. Im ersten Moment wollten die drei schreiend weglaufen, doch sie erinnerten sich an ihre Mission und sahen angesichts der starren Unbeweglichkeit des Wesens, dass dieses wirklich tot war.

“Lasst uns dieses Bild tief in unserem Geist einprägen”,sagte Chekaro, “damit wir es nicht vergessen und es dem Geist derer vermitteln können, die bereit sind.” Sie blieben einige Momente schweigend stehen und prägten sich auch einige Einzelheiten ein, wie die ornamentalen metallisch wirkenden Streifen am Oberkörper des Reptils, aber sie nahmen sich nicht die Zeit für weitere Untersuchungen, wollten sie doch rechtzeitig vor Einbruch der Dunkelheit ihr Lager wieder erreichen, um am nächsten Tag zu ihren Stämmen zurückzukehren und ihre Mission erfolgreich weiter zu führen.

5

Drei Monde waren vergangen seit Chekaro von seiner Expedition zurückgekehrt war, und es war ihm gut gelungen, seine Mitbringsel vor den Augen Neugieriger, vor Stammeswächtern und auch vor dem neuen Schamanen, der in Chekaros Augen kein Schamane, sondern ein Reptilienpriester war, versteckt zu halten, sie aber einigen wenigen zu zeigen, die bereit waren. Auch Chekana war jetzt überzeugt, dass der alte Schamane die Wahrheit sagte, und sie unterstützte Chekaro in seiner Mission so gut sie konnte.

“Ich glaube meine Zeit ist gekommen”,sagte Chekaro, “das Reptiliengöttergift hat meine Lebenskraft und mein Blut zersetzt, ich werde in wenigen Tagen sterben, der Schamane hat meinen Geist besucht und mir mitgeteilt, was zu tun ist, damit ich einen guten Übergang in die ewigen Gefilde habe.”

Und er erläuterte der mit Tränen in den Augen neben ihm liegenden Chekana, was genau zu tun war.
Auch einer der beiden Gefährten würde zugegen sein, der der Zeremonie schon beim kürzlichen Tod des anderen Gefährten beigewohnt hatte. “Und sorgt dafür, dass der Reptilienpriester nicht zugegen ist”, hatte der Schamane ihnen eingeschärft, was Chekana mit der ihr eigenen Geschicklichkeit erledigte. Chekana war es auch, die die Mission Chekaros nach seinem Tod bis zu ihrem eigenen Tod weiterführen würde, damit die Wahrheit nicht in Vergessenheit geriet.

Als der Tag gekommen war und der große Wahrheitskrieger Chekaro sich von seinem Körper und seinem Leben verabschiedete, um in den Strom seines Bewusstseins zurückzukehren und dem großen Geist von Angesicht zu Angesicht zu begegnen, saßen Chekana und der Gefährte neben seinem letzten Lager und flüsterten stundenlang die Worte des Schamanen in den sich auflösenden Körper, damit die Hoffnung Chekaros, es nicht zu vergessen, in der nächsten Verkörperung immer wieder in Erfüllung ging und die große Traum-Reise, die vor dreieinhalbtausend Jahren auf dem australischen Kontinent begonnen hatte, nach spätestens einigen weiteren Tausend Jahren mit der dauerhaften Verwirklichung der Erkenntnis der wahren Natur zu Ende ging.

  1. Das Vermächtnis, Dokumentation einer Erkenntnisreise (2020)
    Das Buch kann in der Printausgabe (Paperback, 438 Seiten, mehr als 40 farbige Bilddrucke) für 19,90 Euro bestellt werden. ↩︎

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